
Unter den heutigen ‚Linken‘ hegt mann noch die falche Idee eines ’sozialistischen‘ Charakters der KPC und China unter Mao-Tse-tung. Daher erinnern wir hier daran wie Politik der Komintern den Weg einer ‚Bauernrevolution‘ in China ebnete durch ihre Mitarbeit an das Abschlachten des chinesischen proletariat.
Rechts: Enthäuptung eines Kommunisten in Shanghai 1927 (Wikimedia)
Kurswechsel nach dem Osten
Nachdem die Revolution in Europa für die Bolschewiki erledigt war, konzentrierten sie ihre „revolutionäre Aktivität“ auf den Osten. Zu genau demselben Zeitpunkt, an dem sie die deutsche Revolution endgültig absagte, nämlich im Oktober 1923, traten sie mit der ersten internationalen Bauernkonferenz, der Gründung des „Internationalen Bauernrates“, der sogenannten Bauerninternationale hervor. Sie hofften, die bäuerlichen Bewegungen des kolonialen und halbkolonialen Ostens und dessen bäuerlichen Massenorganisationen durch diese internationale Organisation ebenso unter Moskauer Führung zu bringen, wie sie die kommunistischen Parteien Europas unter ihr Kommando gebracht hatten. Wenn dieser Versuch auch misslang, da er am ungeeigneten Objekt vorgenommen wurde, so ist er dennoch für die Politik der Bolschewiki äußerst bezeichnend. Und das umso mehr, als sie noch auf dem sechsten Weltkongress im Jahre 1928 das e.k.k.i. beauftragten, „schleunigst Maßnahmen zur Belebung der Arbeit des internationalen Bauernrates zu ergreifen.“ – Der fünfte Weltkongress der Komintern (Sommer 1924) begrüßte jedenfalls die Gründung der Bauerninternationale und machte es den einzelnen k.p.en zur Pflicht, sich überall um die Bauernorganisationen zu bemühen, sofern sie überhaupt Massencharakter haben, und auf die Schaffung von Arbeiter- und Bauernblocks hinzuarbeiten. Diese Beschlüsse waren ganz auf den Osten eingestellt und leiteten die Politik des Blocks der k.p. Chinas mit der Kuomintang ein.
Die Resolution zur Taktik, die auf dem fünften Weltkongress beschlossen worden war, erklärte mit großer Offenheit, dass „die Aufmerksamkeit der Komintern zu sehr vom Westen in Anspruch genommen“ worden wäre.
Die Keime der kommunistischen Parteien im Osten, die bäuerlichen Massenbewegungen, die gegen den Imperialismus gerichteten Bewegungen verschiedener Nationen und Nationalitäten verlangten die „größte Aufmerksamkeit“ der Komintern, zumal die Bewegung der unterdrückten Nationalitäten allein den Sieg der Weltrevolution gewährleisten könne. – Stalin erklärte in dieser Periode, dass die entscheidende Initiative zur Weltrevolution überhaupt vom Osten ausgehe.
Aber auch hier zeigte die Komintern-Politik von Beginn an ihr Doppelgesicht. Sie mobilisierte zur gleichen Zeit die Bewegung der bäuerlichen Massen, zu der sie auch mit den jeweiligen Regierungen verschiedener Länder des halbkolonialen Ostens verhandelte und paktierte. In der Türkei verzichteten die Bolschewiki überhaupt auf eine wirksame revolutionäre Politik und suchten die engste Zusammenarbeit mit Kemal Pascha, der ein Aktivposten im Ringen um die Vorherrschaft in ganz Asien war, die zwischen England und Russland ausgekämpft wurde. 1925 wurde ein Nichtangriffs- und Neutralitätspakt zwischen der SU und der Türkei geschlossen, der dieser engen Zusammenarbeit Ausdruck verlieh. Und das ungeachtet der Tatsache, dass Kemal Pascha jeden türkischen Kommunisten, den er erwischte, unbarmherzig hängen ließ. Mit Afghanistan schloss Russland im folgenden Jahr ebenfalls eine gegenseitige Neutralitätsverpflichtung ab. In diesem Vertrag wurde festgelegt, dass die vertragschließenden Partner verpflichtet seien, sich gegen jede Aktionslinie zu wenden, die dritte Mächte auf ihrem Territorium gegen den Vertragspartner entwickelten. Russland wollte verhindern, dass Afghanistan zum britischen Aufmarschgebiet gemacht wird. 1927 wurde weiterhin ein militärischer und wirtschaftlicher Nichtangriffs- und Neutralitätspakt mit Persien abgeschlossen, so dass die russische Diplomatie wiederum an der ganzen vorder- und mittelasiatischen Front Sicherungen schuf.
Die größte Bedeutung aber erlangten die Verträge, die Russland im Jahre 1924 mit China abschloss. In diesem Jahr erkannten die chinesischen Regierungen in der Mandschurei und in Peking Russland de jure an. Das Abkommen mit der feudal-reaktionären Pekinger Regierung brachte die Annullierung der alten zaristischen Raubverträge, den Verzicht auf die Boxerentschädigung. Die Ostbahn wurde als ein rein wirtschaftliches Unternehmen deklariert, die Rechte Chinas an der Bahn sichergestellt. Zugleich knüpften sich die Fäden zur Kuomintang, der Partei der bürgerlichen Revolution Chinas, für die sich Russland durch den Pekinger Vertrag besonders populär gemacht hatte. Die Zusammenarbeit zwischen der chinesischen Republik, den fortschrittlichen Kräften und den Bolschewiki schien auf lange Zeit sichergestellt.
Die Erledigung der chinesischen Arbeiterrevolution
Die Bolschewiki hatten in Russland auf dem Rücken eines Bündnisses zwischen Arbeitern und Bauern gesiegt. Die Weltrevolution betrachteten sie als die internationale Wiederholung dieses Experiments der bürgerlichen Revolution Russlands.
Hatten sie die Arbeiterrevolution in Europa zur Strecke gebracht, so glaubten sie nun mehr, das Schema der russischen Revolution auf den Boden Chinas zu überpflanzen.
Die revolutionäre Bewegung des chinesischen Proletariats zeigte seit 1925 einen im ganzen kolonialen Osten unbekannten Aufschwung. China wurde das einzige Land Asiens, in dem es der Komintern gelang, eine aktionsfähige Partei als Arbeiterpartei aufzuziehen. Gemäß der lenin-stalinistischen Theorie der nationalrevolutionären Befreiung der vom Imperialismus unterdrückten Nationen wurde diese Partei, die Führung einer heroisch kämpfenden frühkapitalistischen Arbeiterschaft, der Kuo-Min-Tang angeschlossen. Die Bolschewiki sorgten dafür, dass die Einheitsfront von der rechten chinesischen Bourgeoisie über das Kleinbürgerturm und der Bauernschaft bis zum Proletariat geschlossen wurde. Von Kanton ausgehend, entwickelte die Kuo-Min-Tang seit 1926 ihre militärischen Kräfte im Nordfeldzug, der sie innerhalb von zwei Jahren zum Herren von ganz China machte. Die zahllosen Bauernerhebungen sowie die heroischen Aufstände des chinesischen Proletariats bahnten den Süd-Truppen den Weg. Schanghai wurde im Sommer 1927 von Tschiang-Kai-Tschek eingenommen, während der Arbeiteraufstand den inneren Widerstand der Pekinger Truppen gebrochen hatte. Tschiang-Kai-Tschek forderte die Entwaffnung des Schanghaier Proletariats. Die c.p.ch, von den Moskauer Emissären bestimmt, lieferte die Waffen ab, und Tschiang-Kai-Tschek ließ die waffenlosen Arbeiter Schanghais in Massen abschlachten. Schanghai wurde von Moskau verraten, dem das Einverständnis mit dem Schlächter Tschiang-Kai-Tschek, das heißt mit der siegreiche chinesischen Bourgeoisie wichtiger war als der Kampf des chinesischen Proletariats, das in aussichtsloser Minderheit stand. Doch die Kuomintang, der die k.p.ch noch angehörte, fügte dieser Niederlage sofort die zweite hinzu. Ihre Truppen marschierten zunächst nicht auf Peking, sondern auf Wuhan, wo bereits eine „kommunistische Regierung“ bestand. Die Führer dieser Regierung, eben noch maßgebende Leute der Komintern, zogen die einzig möglichen Konsequenzen aus der „nationalen Politik“ der Bolschewiki selbst und liefen ins bürgerliche Lager über. Moskau nahm, um sich wieder reinzuwaschen, eine „Parteireinigung“ vor und schlug nunmehr, ganz wie in Deutschland nach 1923, nach links aus. Heinz Neumann organisierte den Kantoner Aufstand vom Dezember 1927, der nicht mehr ein wahnsinniges Abenteuer, sondern ein bewusstes Verbrechen war. Das Kantoner Proletariat kämpfte heldenmütig in einer von vornherein aussichtslosen Schlacht gegen die Truppen Tschiang-Kai-Tscheks, der nach großen Anstrengungen den Sieg davontrug und Tausende und Abertausende von Arbeitern noch nachträglich abschlachten ließ. Kanton bedeutete für China, was die Niederlage der Kommune 1871 für Frankreich bedeutet hatte: die physische Ausrottung eines kämpferischen Proletariats, das sich vielleicht um Jahrzehnte nicht von dem furchtbaren Aderlass erholen kann.
Shanghai und Kanton, diese beiden von der Komintern provozierten Niederlagen des chinesischen Proletariats erledigten den revolutionären Kampf der chinesischen Arbeiterklasse.
Die k.p.ch selbst feierte nur langsam Auferstehung, aber nicht mehr als Arbeiter-, sondern als reine Bauernpartei. Was sich seit 1930 an Kampf und Politik um „Sowjetchina“ entwickelt hat, ist der ostasiatische Bauernkrieg. Dieser Bauernkrieg steht unter Moskauer Führung und ist der letzte bürgerlich-revolutionäre Aktivposten der internationalen bolschewistischen Politik. An diesem Punkt ist die Sowjetunion tatsächlich noch aggressiv. Und diese außenpolitische Aggressivität, die sich der ostasiatischen Bauernbewegung bedient, ist die große Bedrohung Englands und macht die unversöhnliche Feindschaft zwischen dem Empire und der s.u. aus, die einen großen Teil der russischen Außenpolitik aber auch der europäischen Politik überhaupt bestimmt. Eine Konsolidierung Chinas in irgendwelcher Form müsste folgerichtig auch die Preisgabe der chinesischen Bauernrevolution durch Russland bringen, denn der bolschewistische Plan der Schaffung eines großasiatischen Blocks, gegenwärtig schon sehr unwahrscheinlich geworden, dürfte dann endgültig erledigt sein; Russland würde dann in Asien dieselben Wege gehen, die es seit 1923 in Europa geht.
Quelle: Zwei Kapitel der Schrift „Die Entwicklung der russischen Außenpolitik von 1917-1935“ / [Marxistisk Arbejder Politik, Dänemark]. – In: Internationale Rätekorrespondenz : Theoretisches und Diskussionsorgan für die Rätebewegung. – Ausg[abe]. der Gruppe Int[ernationaler]. Kommunisten, Holland. – 1935, Nr. 13 (Oktober); Quelle der Transkription: Rätekommunismus, 23. November 2020, Mitarbeit von der Association Archives Antonie Pannekoek.
Diese Schrift wurde neuveröffentlicht in Internationale Rätekorrespondenz 1934-1937 / Gruppe Internationaler Kommunisten (Holland).
