Neu: internationalistische Publikation

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Kürzlich erschien A Free Retriever’s Digest im Internet. Leser die sich registrieren, erhalten die Digest als PDF-Publikation alle zwei Monate per E-Mail mit einer Auswahl aktueller Artikel aus dem internationalistischen Umfeld und theoretisch-historische Dokumente, oft zum ersten Mal in englischer Übersetzung. Darüber hinaus enthält jedes Heft eine Einladung zur Diskussion über ein bestimmtes Thema unter Bezugnahme auf Artikel, die zu diesem Thema veröffentlicht wurden. Einige Artikel können von Lesern auf der Website kommentiert werden. Die E-Mail-Version enthält auch eine äußerst nützliche Signalisierung ausgewählter Nachrichten und Artikeln, die in der vergangenen Periode veröffentlicht wurden. 

Ein Blick auf die aktuelle Homepage gibt einen Eindruck von der Breite der meist integralen Artikel, von einem Überblick der aktuellen Arbeiterkämpfe und ihre Perspektiven, eine 1948er Kritik des Leninismus, ein Beitrag über die Auswirkungen der russischen Revolution auf Deutschland 1914-1918 bis zu einem Artikel über die türkische Invasion in Nord-Syrien. Die Blickwinkel variieren von der deutsch-niederländischen bis zur italienischen kommunistischen Linken, und umfassen in weiterem Sinne proletarisch-internationalistische Gruppen, wie zum Beispiel die spanische Linke um De Munis (‚Nuevo Curso‘) oder den amerikanischen Marxismus-Humanismus.

Eine solche Nebeneinanderstellung von teilweise sehr unterschiedlichen Orientierungen ist in der gegenwärtigen Zeit einzigartig für das proletarisch-internationalistische Milieu. Wir müssten auf die großzügige redaktionelle Politik theoretisch-wissenschaftlicher Zeitschriften wie De Nieuwe Tijd (1893-1921) und Die Neue Zeit (1883 – 1923) zurückgreifen, die verschiedenen Positionen innerhalb der Sozialdemokratie Platz bot. Oder auf die verschiedenen und manchmal kurz erscheinenden Zeitschriften, in denen sich die internationalistische Linke der Sozialdemokratie während und kurz nach dem Ersten Weltkrieg auf Strategie und Taktik besann und auf dieser Grundlage die Gründung einer Dritten Internationale anstrebte. Dies bedeutet nicht, dass der Digest sich messen könnte in der Höhe der Beiträge von z.B. Lenin, Radek, Luxemburg, oder Pannekoek in den Zeitschriften in der Vergangenheit. Der Zustand des gegenwärtigen internationalistischen Milieus ist dafür zu schlecht.

Wir haben es jetzt zu tun mit einem extrem geschwächten internationalistischen Milieu. Nur die Organisationen, die der Internationalen Kommunistischen Tendenz beigetreten sind, und die marxistisch-humanistischen Organisationen in den USA, haben gezeigt dass sie mit einer gewissen Regelmäßigkeit im Stande sind ihre Analysen des gegenwärtigen Klassenkampfes und der internationalen Situation zu veröffentlichen, neben theoretischen Abhandlungen. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von Gruppen mit unterschiedlichen Qualitäten auf dem Gebiet der Analyse aktueller Ereignisse, theoretischer Fähigkeiten und Kenntnisse des Marxismus und der Geschichte der Arbeiterbewegung. Die meisten dieser Gruppen stützen sich auf analytische Rahmen, die nach den Revolutionen in Russland und Deutschland entwickelt wurden. Einige zeigen akademische Tendenzen im Streben theoretische Innovationen auf der Grundlage neuerer Entwicklungen durchzuführen. Die Ergebnisse sind fragwürdig, wegen der bürgerlichen ideologischen Einflüsse die von jedem akademischen Bereich ausgehen, aber vor allem wegen der fehlenden Überprüfung dieser sehr unterschiedlichen Theorien (einschließlich den ‚historischen‘) an der Praxis des Klassenkampfes und der aktuellen Tendenzen der kapitalistischen Krise und der imperialistischen Kriege. Dieser Mangel an Überprüfung hat historische Ursachen, wie die Zerstörung der organisatorischen Arbeiterbewegung und die Isolierung der heutigen marxistischen Minderheiten in Bezug auf die Arbeiterklasse. Diese Isolierung hat alles mit dem derzeitigen niedrigen Niveau des Arbeiterkampfes zu tun, wird aber oft auch selbst gewählt. Was auf jeden Fall gewählt wird, ist die fehlende Diskussion zwischen den verschiedenen Standpunkten, sowohl zwischen Gruppen als auch innerhalb vieler Gruppen, wenn wir den Erlebnisberichten glauben sollen.

Unterschiede, die sich aus anderen Einschätzungen des Kampfes der revolutionären Arbeiter zwischen 1905 und 1923, und den folgenden Perioden ergeben, können nur dann endgültig überwunden werden, wenn der Kampf der Arbeiter ihre frühere Höhe übersteigt. Wer darauf wartet, kann die Geschichte nur noch im Nachhinein  beschreiben. Das internationale Proletariat kann aber wieder Geschichte machen, indem es die Analysen dieser unweigerlich verschiedenen Visionen übernimmt und sie in ihrem Kampf testet. Alle diese unvermeidlich historisch oder ideologisch begrenzten Standpunkte können zu zukunftsgerichteten Tendenzen des Arbeiterkampfes beitragen, und nicht nur die monolithischen Wahrheit der einen Partei.

Hoffentlich wird der ‚Digest‘ dazu beitragen dass verschiedenen Positionen aus ihren ‘Blasen’ heraustreten, die Beiträge der anderen lesen, sie in ihren Medien veröffentlichen, in eine Diskussion miteinander eintreten und schließlich in Stellungnahmen zu wichtigen Ereignissen gemeinsam hervorkommen.

Fredo Corvo, 10. April 2018.


 

Siehe auch “From the 2nd to the 3rd Internationale – Three articles by Anton Pannekoek“. The New Review, New York, 1914-1916:

  • The downfall of the International
  • New tactics against war, basis of a new International
          – The war of defense
          – Action against war
  • The Third International
Neu: internationalistische Publikation

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